Mit Dr. Linde Salber verlieren wir ein Medium, über das die Welt sich selbst verstanden hat. Besonders in ihren letzten Jahren liebte sie es, durch die Landschaften Mecklenburg-Vorpommerns zu streifen und in deren Dingen, Ansichten, Geräuschen und Gerüchen zu sein. Mit dem Konzeptbuch "Intensivbehandlung" hat sie dieses Herumstreifen mit offenen Sinnen künstlerisch auf den Punkt gebracht: "Ich liebe dich, ich liebe dich ... du fremde Welt." Wie können wir diesen ungewöhnlichen Menschen nicht vermissen? Ein Nachruf von Dirk Blothner.
Linde Salbers Leben begann in den letzten Kriegsjahren in Pommern. Über Mecklenburg, Hamburg und Duisburg kam sie nach Köln, wo sie Psychologie, Pädagogik und Psychopathologie studierte. Hier wurde sie die langjährige Ehefrau und Lebensgefährtin Wilhelm Salbers (1928 – 2016). Als Akademische Oberrätin lehrte sie am Pädagogischen Seminar der Universität zu Köln.
Linde Salber war neugierig auf die Welt. Sie mochte sich nicht auf die Tätigkeit an der Universität beschränken. Neben psychologischen Texten, die erst kürzlich in einem Sammelband erschienenen, entstanden Gemälde, Skulpturen und Fotografien. Sie studierte die Lebensläufe berühmter Frauen und Männer und schrieb viel beachtete Biografien. Auf den Spuren von Frida Kahlo, Anïs Nin, Henry Miller, Anna und Sigmund Freud unternahm sie Studienreisen. Oft zusammen mit Wilhelm Salber besuchte sie die Sowjetunion, Kathmandu, Montevideo, Mexico City und Los Angeles. In London ließ sie sich von Anna Freud und Dorothy Burlingham in die Kunst der analytischen Psychotherapie einführen. Nach ihrer Pensionierung wurde ihr Atelier In Köln-Ehrenfeld zum gern besuchten Zentrum ihrer vielfältigen Leidenschaften.
Hart getroffen durch den Tod Wilhelm Salbers 2016, zog sie sich nach Below in Mecklenburg-Vorpommern zurück. Nicht um „den Ruhestand“ zu genießen. Es entstanden neue und andere Bilder und Skulpturen. Mit ihrer Handy-Kamera fing sie die ungewöhnlichsten Ansichten der mecklenburgischen Landschaft ein. Ihre Liebe galt der nahen Ostsee. Wann immer es eine Gelegenheit gab, machte sie sich dorthin auf den Weg – und brachte Steine und Fotografien mit.
In der letzten Zeit begann Linde Salber damit, ihre zahlreichen Werke zu ordnen und zu archivieren. In diesem Zusammenhang gab sie mit der Unterstützung Armin Schultes ihre psychologischen Schriften und Vorträge heraus: „Neben der Spur“. In ihrem eigenen Verlag, der „lindenedition“ erschienen Gedichte, eine Kurzgeschichte und ein Konzeptbuch. Die Bände wurden mit Bildern und Fotografien der Autorin auf beeindruckende und ansprechende Weise illustriert. Zusammengenommen bilden sie einen kunstvollen Spiegel ihrer außergewöhnlichen Persönlichkeit und ihres so überaus produktiven Lebens. In unserem Online-Shop sind die letzten Bücher von Linde Salber erhältlich.
Linde Salber wurde am Dienstag, den 13. August, von einem Freund in der Küche ihres Hauses in Below tot aufgefunden. Sie war im Laufe einer der Nächte, in denen sie es liebte, ungestört zu lesen, Musik zu hören, den Mond zu fotografieren und Bilder zu malen offenbar gestürzt und gestorben. Montagfrüh erst hatte sie mir ein Foto des Bildes geschickt, das in der Nacht vorher auf diese Weise entstanden war. Man kann davon ausgehen, dass es ihr letztes war.
In der Nacht vor ihrem Tod malte Linde Salber ein letztes Bild. Ja, sie liebte sie, diese fremde Welt:
Linde Salbers Lebensweg begann am 27. Juli 1944 in Tütz / Pommern und endete am 13. August 2024 in Below / Mecklenburg Vorpommern. Ihre Bestattung findet im engsten Familienkreis statt.