Porträt des WSG-Mitglieds Deniz Baspinar

Dipl.-Psych. Deniz Baspinar

Deniz Baspinar hat in Köln Psychologie studiert und anschließend die Ausbildung zur Analytischen Intensivbehandlung (WGI) absolviert. Sie ist seit 2000 in eigener Praxis niedergelassen und erhielt 2016 die Approbation in Tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie. Zudem ist Frau Baspinar als freie Autorin für verschiedene Medien (u.a. ZEIT-Online) tätig. Ihr thematischer Schwerpunkt sind Migrationsthemen. Derzeit ist sie als Vertreterin des Praxen-Verbundes Mitglied der Ausbildungskommission des WGI-Ausbildungsinstitutes in Köln.

Deniz Baspinar interessiert sich für Literatur. Sie praktiziert Yoga und liebt es zu wandern. Gerne nimmt sie sich viel Zeit, um durch die Kochbücher von Yotam Ottolenghi zu blättern. Sie empfindet seine Gerichte als ausgesprochen anregend, stellt dann aber fest, dass die Zutatenliste zu kompliziert ist. Dann platziert sie das Kochbuch an eine Stelle, an der es von etwaigem Besuch sofort erkannt wird und macht sich ein Avocado-Brot.

Frau Baspinar, was wünschen sie sich für die Zukunft der WSG?

Die WSG als ein Ort des lebendigen Austauschs über die Morphologie, das würde ich mir wünschen.

Welches Gebiet oder Phänomen des menschlichen Lebens sollte morphologisch untersucht werden?

Viele Alltagsphänomene wurden bereits morphologisch untersucht. Ich finde Untersuchungen spannend, die kulturelle und politische Entwicklungen in den Blick nehmen. Was sagt es über den Zustand unserer Kultur, dass wir eine weltweite Renaissance des autoritären Führertypus erleben? Was bedeutet es, dass die Fiktion eine solche Wirksamkeit entfaltet und damit zur Wirklichkeit wird?

Über welche Berührungspunkte haben sie die psychologische Morphologie kennengelernt?

Ich habe 1992 angefangen zu studieren und kam relativ schnell mit der Morphologischen Psychologie in Berührung. Das erste morphologische Seminar, das bei mir nachhaltigen Eindruck hinterlassen hat, war das Beschreibungsseminar bei Dr. Wolfram Domke. Es hat mir gezeigt, dass das genaue Hinsehen und das genaue Beschreiben von dem, was sich zeigt, einen Zugang zum Seelischen eröffnet, der nicht auf fremde Kategorien angewiesen ist. Was kommt auf, wie führt es sich in Anderem fort, was wird weggehalten? Heute, nach vielen Jahren der therapeutischen Arbeit, muss ich mich manchmal daran erinnern, diszipliniert zu bleiben und diese „Fieselsarbeit“ nicht zu überspringen. Durch die Routine erkennt man schneller ein Muster oder Zusammenhänge und das verführt manchmal dazu die Beschreibung nicht so gründlich einzufordern. Aber diese Abkürzungen sind nicht gut für den therapeutischen Prozess.

Welches psychologische Buch nehmen Sie immer mal wieder zur Hand?

Immer wieder die Märchenanalyse. Märchenbilder helfen mir, den Fall zu überblicken, die Vielfalt des Materials zu strukturieren und die Gegenläufe im Blick zu behalten. Aber in den letzten Jahren hat mir auch ein nicht-morphologisches Buch bei meiner Arbeit sehr geholfen. Die Strukturbezogene Psychotherapie von Gerd Rudolf. Morphologisch könnte man diesen als „Arbeit der Formenbildung“ bezeichnen. Dieser Aspekt wird in morphologischen Veröffentlichungen zur Psychotherapie viel zu wenig beachtet: es geht darum, welche Möglichkeiten der Fall in die Behandlung mitbringt. Wir arbeiten in der Morphologie mit Bildern und vertrauen darauf, dass das Seelische bildhaft strukturiert ist. Es gibt jedoch sehr viele Fälle, mit denen wir nicht ohne weiteres ein gemeinsames Bild entwickeln können. Es geht dann vielmehr darum, erst einmal die „Farben“ zu betrachten, zu beschreiben und zu differenzieren lernen, einen „Pinsel“ herzustellen und die „Leinwand“ vorzubereiten.

Welches Land würden Sie einmal gerne bereisen?

Ich würde gerne eine längere Asienreise unternehmen. Mit der Lhasa-Bahn von China nach Tibet und von dort aus nach Bhutan zu einer Wandertour.

Gestalt und Verwandlung ist das zentrale Urphänomen der psychologischen Morphologie: in wen oder was würden sie sich gerne für einen Tag verwandeln?

Das ist eine wirklich schwierige Frage. Es gibt so viele interessante Figuren der Geschichte, in die ich mich verwandeln wollen würde. Aber vielleicht bleibe ich im Hier und Jetzt und nutzte die Verwandlung, um ein praktisches Problem zu lösen. Ich verwandele mich in Donald Trump und springe vom Trump Tower. Trump hat einen filmreifen Abgang, ich wache am nächsten Tag wieder in meinem Bett auf und die Welt hat einen Verrückten mit Zugang zum Atomknopf weniger.

Frau Baspinar, wir bedanken uns für Ihre Antworten.