Das WSG-Mitglied Dr. Werner Wagner ist gestorben

Nach seinem Studium der Psychologie wurde Werner Wagner Wissenschaftlicher Mitarbeiter an dem von Wilhelm Salber geleiteten Psychologischen Institut an der Universität Köln. In seiner Dissertation befasste er sich mit den technischen und methodischen Problemen bei der Erfassung von Charakterstrukturen. Zusammen mit Kollegen am Institut schrieb er das Buch zu der Fernsehserie „Holocaust – Die Geschichte der Familie Weiss“ von 1978: „Das Lehrstück ‚Holocaust‘. Zur Wirkungspsychologie eines Medienereignisses“. Diese und auch seine alltagspsychologische Untersuchung „Zur Psychopathologie des Weihnachtsfestes“ von 1988 erlangten in der Öffentlichkeit eine große Aufmerksamkeit.

Des Weiteren war Wagner unter der Leitung von Wilhelm Salber und Ernest Freud an der Entwicklung der „Analytischen Intensivberatung“ beteiligt. Am Psychologischen Institut verwaltete er das beachtliche Filmarchiv und stand Salber bei der Erweiterung der Bibliothek zur Seite. Seine ausgeprägte Bibliophilie und sein enormes Fachwissen über Literatur, Kunst und Film fanden in diesem Rahmen ein fruchtbares Betätigungsfeld. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang die redaktionelle Mitarbeit des Verstorbenen bei der von Friedrich Wolfram Heubach herausgegebenen, neoavantgardistischen Kunstzeitschrift “Interfunktionen” (1968-1975).

Ende der 1980er und zu Beginn der 1990er Jahre fand Werner Wagner ein neues Forschungsgebiet in der Verkehrspsychologie. Nach der Auflösung des Psychologischen Instituts 1993 brachte er seine Kenntnisse in Intensivberatung im Rahmen seiner psychotherapeutischen Praxistätigkeit in Köln ein.

Persönlicher Zusatz
Mir war Werner Wagner als ein ruhiger, an Kunst und Literatur sehr interessierter Freund und Kollege bekannt. Seine ungewöhnlich gut bestückte und sortierte Bibliothek brachte mich regelmäßig zum Staunen. Jahrelang war ich auf dem Weg in die Eifel an einem eigenartigen Bauwerk vorbeigefahren. Als einmal Werner im Auto mitfuhr und ich ihn darauf aufmerksam machte, nickte er und meinte unaufgeregt: “Das ist der Wasserturm von Wissersheim”. Zurück in Köln holte er einen Band über Architekturfotografie hervor und ich konnte sehen woher er den Turm kannte. Nach der Emeritierung von Wilhelm Salber im Jahr 1993 kreuzten sich unsere Wege nur noch selten. Aber vor einigen Jahren begegneten wir uns vor einem Buchantiquariat in Köln. Werner holte drei Bücher aus seiner Tasche, zeigte sie mir mit seinem sanften Lächeln und sagte: “Das ist ein guter Tag!”

Dirk Blothner

Dr. W. Wagner 2018