Plötzlich und unerwartet hat die Wilhelm Salber Gesellschaft ihren Ersten Vorsitzenden verloren. Wir trauern um Professor Armin Schulte (15.05.1953 - 21.07.2023) und wünschen seiner Familie sehr viel Kraft und Trost.

Die Zeitschrift Zwischenschritte Online, deren Initiator und Chefredakteur Armin Schulte war, hat ein digitales KONDOLENZBUCH angelegt, das über einen Klick zu erreichen ist.

Wie sollten wir Armin Schulte nicht vermissen?

Armin Schulte war unermüdlich tätig. Er hat Flüchtiges für uns, für die Nachwelt festgehalten. Er hat unseren Beobachtungen, unserem psychologischen Denken Veröffentlichungsmedien zur Verfügung gestellt. Mit ungewöhnlicher und überzeugender Didaktik hat er die Morphologischen Theorien in seinen Kursen und Vorlesungen verlebendigt. In seinen letzten vier Jahren hat er seine fast unerschöpflich erscheinende Kraft als Erster Vorsitzender der Wilhelm Salber Gesellschaft (WSG) eingebracht.

Festhalten

Legendär ist das Archiv Armin Schultes. Es umfasst Video- und Audioaufzeichnungen von Vorträgen und Vorlesungen. Unverzichtbar sind die Tagungsbeiträge von Kollegen. Unschätzbaren Wert haben die Liveaufnahmen mit Wilhelm Salber. Wir wissen nicht, wie er es jeweils geschafft hat, diese Momente gesprochener Morphologie für uns festzuhalten. Aber ohne Armin Schulte wären Wilhelm Salbers Vorlesungen „Radikale Ganzheitspsychologie“ (HPB University Press Berlin 2015) und „Klinische Psychologie“ (Bouvier 2019) nicht in Buchform erschienen.

Bereitstellen

Nicht weniger eine Legende und dazu noch eine aktuelle Realität ist die Zeitschrift Zwischenschritte. Sie wurde unter Armin Schultes maßgeblicher Ägide 1981 gegründet. Sie war die notwendige Ergänzung zu dem Ausdrucksdrängen, das aus der so überaus anregenden Beschäftigung mit der Psychologie Wilhelm Salbers entstand. Dutzende von Kollegen konnten im Rahmen der, lange Zeit zwei Mal im Jahr erscheinenden, Publikation ihr morphologisches Denken entwickeln. Erst vor kurzer Zeit hat Armin diese Zeitschrift als Online-Publikation wiederbelebt. Und siehe da: wieder fanden sich Kollegen, die den von ihm bereitgestellten Anhalt aufgreifen und nutzen. Eine Großtat, schon für sich betrachtet, war zudem Armin Schultes verlegerische Tätigkeit als Herausgeber der Reihe „Schriften zur Psychologischen Morphologie“. Zuletzt erschienen in diesem Rahmen die Essays und Vorträge Linde Salbers „Neben der Spur“ (Verlag Zwischenschritte 2023).

Verlebendigen

Unvergesslich und unverzichtbar sind die verschiedenen Formate, in denen Armin Schulte die Konzepte der Psychologischen Morphologie jungen Menschen vermittelte. Das begann mit seiner Tätigkeit am von Wilhelm Salber geleiteten Psychologischen Institut der Universität zu Köln von 1985 bis 1993. Von in dieser Zeit Studierenden wurden seine Seminare sehr geschätzt, weil Schulte sie sehr eindrücklich für die Eigenwelt des Psychischen zu begeistern verstand. Das wurde fortgesetzt mit dem Aufbau einer Akademie für Markt- und Medienpsychologie (KAMM), die im modernen Mediapark Köln junge Leute aus ganz Deutschland anzog. Armin Schulte war zehn Jahre lang (1993 bis 2003) Geschäftsführer der KAMM. Das ging weiter mit der rheingold-Akademie, in der zukünftige Mitarbeiter des aufsteigenden Instituts für Produkt- und Kulturforschung ausgebildet wurden. (1998 bis 2002) Einen gewaltigen Schritt wagte Armin Schulte später mit dem Aufbau eines Studiengangs in Wirtschaftspsychologie, der zunächst an der USB-Potsdam und dann der BSP-Berlin seine Heimat fand. Bei diesem Einzug in die Hochschullehre stand Armin Schulte der Kollege Herbert Fitzek, heute Co-Rektor der BSP Berlin, zur Seite. 2011 wurde Armin Schulte zum Professor für Wirtschaftspsychologie ernannt. Immer wieder gelang es ihm, in diesen Institutionen junge Menschen mitzureißen und sie mit dem morphologischen Blick auf die Welt vertraut zu machen. Ein anschauliches Beispiel seines didaktischen Vorgehens ist seine letzte Veröffentlichung in Zwischenschritte Online: „‘Wisch und weg‘ – Einige Anmerkungen des zeitgenössischen Umgangs mit zu viel Vielfalt und zu wenig Ein- und Ausfalt“. (19. 07. 2023)

Schreiben

Armin Schulte hinterließ eine lange Reihe von Texten und Präsentationen zur Psychologie und ihrer Didaktik. Sie thematisieren das psychologisch-morphologische Vorgehen bei empirischen Untersuchungen mittels Beschreibung und Interview. Sie beschäftigen sich mit der Psychologischen Morphologie im Allgemeinen, der Wirtschaftspsychologie im Besonderen. Oder sie nehmen kultur- und alltagspsychologische Fragestellungen in den Blick. Diese Arbeiten wurden und werden gerne gelesen, weil sie so manche Vorurteile im Wissenschaftsbetrieb der Psychologie auf humorvolle und veranschaulichte Art in Frage zu stellen wussten. Warum er nur wenige dieser Arbeiten in gedruckter Form veröffentlichte, bleibt ein Geheimnis des Verstorbenen.

Der Mensch

Armin Schulte kam am 15. Mai 1953 bei Grevenbroich auf diese Erde. Er verstarb am Abend des 21. Juli 2023 in Berlin. Fast 40 Jahre war er im Umfeld der Psychologischen Morphologie tätig. Ihm war es immer wichtig, sein ‚eigener Herr‘ zu sein. Und er war ein Mensch mit einem großen Herz. Er konnte zuhören und sich für die Werke anderer begeistern. Oft stellte er ihnen eine Bühne zur Verfügung und hielt sich selbst in der ersten Zuschauerreihe auf. Es machte ihm Freude, die Vielstimmigkeit der Psychologischen Morphologie als Konzertveranstaltung zu gestalten und zu genießen. Armin Schulte hatte eine enorme Durchhaltekraft und Leidensfähigkeit. Nicht nur in den letzten Jahren seines Lebens, als er unter Schmerzen litt und Bewegungseinschränkungen in Kauf zu nehmen hatte. Wenn ein solcher Mensch die Erde verlässt, reißt der umfallende Baum unendlich viele Wurzeln heraus und brauchen die verbliebenen Menschen lange Zeit, die Statik des Bodens wieder herzustellen. Wie also sollten wir Armin Schulte nicht vermissen?

Mach es gut Armin! Komm gut an! Gerne hätten wir Dir für die Reise etwas Kuchen und eine interessante Lektüre mitgegeben.

Dirk Blothner

 

Prof. Armin Schulte